Lyta + Krankenstation = Overacting

Was steht denn heute an? Werfen wir mal einen Blick in die Zeitung

Der morgentliche Plausch am Zeitungsstand ist wieder so eine Szene, die man in anderen Serien (*hust* Voyager *hust*) schmerzhaft vermisst. Einfach weil sie die Charaktere noch ein wenig mehr Dreidimensionalität verleiht und so ganz nebenbei das Worldbuilding vorantreibt. Und hey, wenn es heute schon gedruckte individualisierte Zeitungen gäbe, dann wäre es nur realistisch, dass die Verleger dafür sowohl ein schweinegeld verlangen und andererseits die Konsumenten mit Werbebotschaften zumüllen, während sie gleichzeitig den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegen angeblicher Wettbewerbsverzerrung verklagen. (merkt man eigentlich seht, wer bei uns die Shownotes schreibt? 😉 )

Aber das war ja nur das illustre Vorgeplänkel, bevor es in die eigentlich Handlung geht. Und um den  Alten bei „Das Boot“ zu zitieren:

„Jetzt wirds psychologisch, meine Herren!“

Und Damen natürlich. Aber die gab es damals(tm) auf einem ordentlichen deutschen U-Boot ja noch nicht. Auch wenn es auf dem Mars so aussieht, als wäre man gerade vor Gibraltar auf Grund gelaufen und hätte mit Wassereinbruch zu kämpfen

Der Beweis: Es gibt Wasser auf dem Mars! Und Löffel, die dieser namenlose Datenkristallträger in wenigen Minuten abgeben wird – unter gestammelten bedrohlichen Halbsätzen

Wir ahnen schon: Diese Szene aus dem kleinen Handbuch „Dramatik für Beginnner“ wird uns noch auf die Füße fallen. Oder besser auf den Kopf. Denn Lyta ist wieder da! Wir erinnern uns: Die rotharige Telepathentante, die in Stöckelschuhen und Pornomantel im Pilotfilm größtenteils als Expositions-Krücke herumgestakst ist. Und die nicht nur Dr Kyles medizinische Plexiglasstange zu einer beliebten Redewendung in diesem Podcast gemacht hat, sondern auch Overacting in der Krankenstation salonfähig.

„Ich will sofort mein Eis! Räbääh! Sonst werfe ich mich auf den Boden und brülle ‚Schmeerz! Schmeeerz!‘ wie Troi im TNG Pilotfilm!“

Aber Lyta kommt nicht nur auf die Station um uns von ihrer eingeschränkten Schauspielkunst zu unterzeugen. Nein, sie bringt auch eine wichtige Information mit: Einer im Kommandostab ist ein Schläfer und arbeitet ohne es zu wissen, eigentlich für das Psi-Corps. Alle Augen und Kameras schwenken überaus subtil zu Susan

Tim:
„Und was macht Ivanova?“
Sascha:
„Schwenkt ihren roten Hering!“
Tim:
„Und wie! Der Hering ist inzwischen doppelt so groß und sie haut ihn uns links und rechts um die Ohren!“

Meine Herren! (und Damen!) Wenn es in den 90gern schon sowas wie twitter oder hashtags gegeben hätte, JMS hätte sich das #superschwellig mehr als redlich verdient. Denn wir werden so dermaßen nicht nur mit der Nase, sondern mit dem kompletten Gesicht drauf gestoßen, dass Ivanova der Schläfer sein MUSS. Denn warum sonst, würde sie sich so vehement weigern, das telepatische Passwort gesendet zu bekommen? Soll sie sich mal ein Beispiel an Garibalidi nehmen, der nicht nur – als Einziger(!) – daran denkt, vorher seine Waffe abzugeben, sondern seine Kollegen gleich darauf auch noch so richtig schön trollt.

Tja, verarscht, er wars schonmal nicht. Oder doch? Darüber reden wir im Cast. Und jetzt wird gefühlt stun-den-lang der entscheidende Scan von Susan herausgezögert. Theo Transportröhrenreiniger und Vera Verlade werden eine(r) nach der/dem anderen in Sheridans Büro zitiert, während die Spannung dahinschmilzt wie das Schokoladen-Modell der Station

So entfährt uns auch nur ein müde gelächeltes „Tja“, als die Gute sich dann am Ende doch bereit erklärt und – welch eine Überraschung – doch nicht die gesuchte Schläferin ist.

Apropos Schläferin. Susan schläft am liebsten im blauen Sateng-Schlafanzug. Und nicht allein.

„Du fragst Dich, woher meine Haaare diese Spannkraft und diesen unwiderstehlichen Glanz haben? Ich wasche sie täglich mit L’orien Vodka“

Und Du fragst Dich vielleicht, wer diese blonde Person mit den ebenfalls feuchten Haaren ist. Die Antwort gibts gleich. Vorher müssen noch andere Fragen geklärt werden:

Sascha:
„Ivanova im Sateng-Bademantel durchwühlt ihre Schubladen. Watt sucht die denn da eigentlich?“
Tim:
„Satengblaue Hausschuhe wahrscheinlich?“
Sascha:
„Und was sind das für merkwürdige schwarze Puschel an ihrer Arbeitsplatte?“
Tim:
„Die sollten die lesbische Atmosphäre noch ein bißchen Pushe(l)n“

Lesbische Atmosphäre? Hä? Ja. Denn obwohl Susan eine gesunde Abneigung gegen Telepathen im Allgemeinen hegt, spürt sie doch starke Zuneigung zu einer Telepathin im Speziellen:

Talia hatte eine feuchte Wohnung (wer hat da „Keller!“ gerufen?) und darf deshalb bei Susan pennen. Und vermutlich auch mit ihr. Und der junge Sascha der 90ger so:

Tim und Sascha gehen jedenfalls beide davon aus, dass die beiden in Susans Bett mindestens eine erotische Kissenschlacht gemacht haben. Davon kann Lyta nur träumen…

Tim:
„Während ihre Telepathenkollegin heißen Sex hatte, muss die arme Lyta in einer neonbeleuchteten Arrestzelle an einem Tisch dösen“

Richtig. Da war ja noch die Handlung um Lyta. Die kommt zu einem traurigen Höhepunkt (höhö) als

  1. Talia ungefragt und grundlos in eine geschlossene Sitzung des Führungsstabes platzt
  2. Lyta ungefragt und grundlos das telepathische Passwort an Talia schickt

Diese flippt darauf hin total aus und stellt sich als die lang gesuchte Schläferin heraus. Die Ihrer Liebhaberin nun noch ein paar Schimpfworte an den Kopf hauen darf.

Damit endet die sehr kurze Romanze von Susan und Talia, die so viele Fanficktion-Schreiberinnen zu (geistigen) Ergüssen verleitet hat. Und – um auch was Positives zu nennen – dieses Bild hervorbrachte:

War sonst noch was? Achja: Kosh zieht vor Lyta blank. Und das hier:

 

Alles in Allem auf jeden Fall eine Folge, die sich ins kollektive Gedächtnis (vor allem der männlichen Zuschauer) gebrannt hat. Auch wenn, oder vielleicht grade weil, die Beziehung zwischen Susan und Talia nicht so gezeigt wurde, wie es heute der Fall sein würde. Hey, wir sind hier immerhin in den 90gern und nicht auf HBO!

Die Idee, dass das PsiCorps einen Schläfer in sämtliche Führungspositionen der Erdallianz eingeschleust hat, ist überzeugend und zeugt von einem durchdachten Storytelling, das abseits des Epsilon-Sektors wiederum in den 90gern nur mit der Lupe zu finden war. Schön ist auch, wie Handlungen aus der Vergangenheit (Und Zukunft!) sehr beiläufig in die aktuelle eingewoben wurden. Und die Regie ist alle erste Sahne. Jesus sei Dank!

Jesus erlöse uns! Im Gegensatz zu Richard Compton hat dieser Regisseur offenbar eine Erleuchtung gehabt und wird uns in der vierten Staffel noch einige Glanzpunkte der Serie bescheren

Einziges Schmanko: Der drehbuchschreiberische Ejakulatio postcox, mit dem die vermeindliche Enttarnung Susans so sehr in die Länge gezogen wird, wie die Silben in einem Satz von Dr Cox. Auf jeden Fall eine überdurschnittliche Wertung und wir vergeben mal mehr und mal weniger hormongesteuert:

4 von 6 Penissen

Und noch ein paar links für Verliebte:

Folgende Podcaster waren an dieser Episode beteiligt:

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Sascha
4,5 / 6
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Tim
3,5 / 6

Wenn Ihr mögt, schmeißt uns doch was in den Hut:

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Alex , Gregor , Mary , Raphael , Sascha , Tim

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